Einer meiner bisher schönsten Tage in Taipeh begann mit dem Ausleihen eines U-Bikes. An dieser Stelle eine kleine Lobrede auf das öffentliche Verkehrssystem in Taipeh, das gut vernetzt, einfach zu verstehen und super günstig ist! Mit einer easy-Card, die man in jedem Supermarkt kaufen und aufladen kann, lässt es sich ticket- und bargeldlos mit Bus und Bahn fahren. Nach kurzer Registrierung am Kiosk konnte ich mir damit zudem an einer der vielen gelben U-Bike Stationen ein Rad ausleihen.
Normalerweise bin ich kein Fan von Leihfahrrädern, die mir mit meinen 1,64 cm meistens etwas zu groß sind. Hier jedoch liege ich mit meiner Körpergröße allerdings voll im Durchschnitt. Tatsächlich überrage die meisten Frauen und viele Männer sogar, was eine äußerst ungewöhnliche Erfahrung für mich ist. Auch 20 Grad und Sonnenschein (am zweiten Advent!) sowie der ebenmäßige, gut ausgebaute Radweg entlang der Riverside Parks am Fluss Tamsui, trugen viel zum Fahrspaß bei. Doch das Beste sollte noch kommen!
Streckenweise kam ich kaum voran, weil ich alle 20 Meter anhalten, absteigen und ein Foto machen musste. Denn wie schon im Dinosaurierpark waren auch hier die Stadtmauern wieder höchst künstlerisch gestaltet: Sie interpretierten bekannte klassische Gemälde auf sehr kreative und lustige Weise neu.
Kreative Kunstwerke – Erkennst du die Originale?
Als ich am späteren Nachmittag langsam umdrehen wollte, sah ich aus dem Augenwinkel einen ungewöhnlich großen Vogel mit langem Schweif am Himmel fliegen. Neugierig radelte ich ihm hinterher und fand zu meinem großen Erstaunen ein Papagei-Treffen vor. Ungefähr 20 der exotischen, in prächtig bunten Farben schillernden Vögel saßen auf Stangen oder kraxelten auf ihren Besitzer*innen herum. Ab und zu flogen sie unter deren Aufsicht übers Feld, mehr oder weniger gut darauf dressiert, auf Trillerpfeifen zurückzukommen.
Es war fantastisch! Ich hatte noch nie einen Papageien aus solcher Nähe gesehen – ich konnte sie mit wenigen Zentimetern Abstand bewundern und fotografieren, ohne, dass jemand etwas dagegen gehabt hätte –, und schon garnicht so viele auf einmal und freifliegend außerhalb eines Zoos. Es erinnerte mich aneine Greifvogelschau im bayerischen Wald. Nur, dass es sich um keine offizielle Show mit Publikum, sondern eine Art zwangloses Nachbarschaftstreffen unter Papagei-Besitzer*innen zu handeln schien. Und die Vögel durch ihre langen Schweife und exotischen Farben vor dem strahlend blauen Himmel ein noch spektakulärerer Anblick waren! Dieses Erlebnis wird mir sicher ein Leben lang in Erinnerung bleiben.
Ich konnte mich kaum losreißen, doch die Sonne ging langsam unter. Doch der schöne Tag sollte noch immer nicht enden: Auf meiner Rückfahrt überquerte ich die Crescent Bridge, deren anmutige Bögen ich schon von der Ferne aus fotografiert hatte. Auch ohne die zwei riesigen Verlobungsring-Gebilde, die an beiden Seiten der Brücke zu einem eindeutigen Zweck aufgebaut waren, ist sie ein sehr romantischer Ort, um den Sonnenuntergang über dem Fluss zu betrachten – vor allem, wenn, wie es bei meiner Ankunft gerade der Fall war, noch Straßenkünstler für stimmungsvolle Live-Musik sorgen. Der perfekte Abschluss für einen Tag, der zweifelsohne als einer der schönsten meines Auslandssemesters in Taiwan in meine Lebensgeschichte eingehen wird!